Meine erste Quasi-Pauschalreise

Bämm, Covid-19 schlug zu, alle ein- und downgelockt, Sehnsucht nach dem freien Blick, auf etwas anderes. Deutsche Lande ist schön, aber die Unterschiede machen den Unterschied. Also doch Ausland. Italien? Zu voll, sagte man mir. Griechische Inseln? Da wurde es gerade brenzlig. Also Spanien, mein altes Lieblingsland. Irgendwo irgendwas mit Meer. Festland? Konnte mich nicht entscheiden. Dann, auf Empfehlung: Mallorca. Aber ruhig! Und grün (soweit möglich im Sommer)! Und sandig, strandig, poolig, meerig, caféselig … Alcúdia hieß die Entscheidung, aber oben links, fern von den Bettenburgen. Eine süße kleine Stadt, die nicht direkt am Meer liegt, aber eine schöne Umgebung hat. Und dort ein Hotel in einer Wohnsiedlung 2 km von der Stadt, aber nur 200 m vom Strand. Mit vielen Pinien drumherum. Perfekt.

Wenn es da aber nicht, der Virus-Pandemie sei Dank, die Möglichkeit von Reisewarnungen, Hochinzidenzgebieten und dergleichen gäbe. Also auf Nummer sicher gehen? Eine − ich als normalerweise „Individualreisender“ habe mich erst nicht getraut, es auszusprechen − eine … pssst … Pauschalreise? Mit Absicherung, Geld-zurück-Garantie und so? Hmm, vielleicht in dieser Situation nicht das Schlechteste. Also ausgiebig im Netz der Netze über mögliche Optionen recherchiert, es gibt ja z. B. auch Transfers vom Flughafen. Auch nicht so schlecht, direkt ans Hotel gebracht zu werden. Flüge gegengecheckt (ohne 24 natürlich), Hotelpreise verglichen, Transfermöglichkeiten sondiert. Nein, ich musste tatsächlich feststellen: Pauschal ist wirklich günstiger. Also ok, pauschal it is. Und mit Mallorca gleich das Epitom der Pauschalreise.

Was wird mich erwarten? Werde ich zu Tode animiert? Werde ich im Gewusel der, ähm, akustisch etwas mehr herausfordernden deutschen Akzente zugrunde gehen? Mallorca ist ja auch trotz Flügen aus England, Frankreich, Italien und anderen Ländern bekanntermaßen wie das Balkonien der deutschen Nichturlauber. Werde ich das Gefühl von Urlaub bekommen, für das für mich definitiv das Hören von im Urlaubsland heimischen Sprachen elementar ist? Ich war ja bisher nur einmal als etwa 10-jähriges Kind auf Mallorca (hab mich in eine Engländerin namens Shonda verliebt und wenn ich etwas nicht verstanden habe, habe ich zu ihr gesagt: „no capitation!“) und einmal bin ich dort am Flughafen umgestiegen (da habe ich mich dann ca. 7 Mal verliebt). Von daher kannte ich die Insel und ihren Touristenkosmos nicht. Ich war gespannt.

Gebucht habe ich dann über ein Reisebüro im Netz, das die Reise am günstigsten anbot. Die Seite war ein bisschen … rudimentär und sehr bunt, sodass ich, als ich die Aufforderung zur Zahlung bekam, die laut Mail an den Reiseveranstalter direkt ging, mir tatsächlichdie IBAN telefonisch vom Reiseveranstalter hab bestätigen lassen. Sicher ist sicher. Aber es stimmte alles. Ich bekam sogar einen Anruf vom Reisebüro, in dem erneut die Daten abgeglichen und mir alles noch mal erklärt wurde, so z. B. wie der Transfer funktionierte. Und dass mein Umlaut im Nachnamen („ö“) auf der Buchungsbestätigung und für den Flug auf „oe“ geändert würde. Ich fühlte mich gut informiert und das Gespräch war tatsächlich sehr angenehm.

Aber nun in medias res. Aber halt, es ist ja Virus-Time. Man wird mit QR-Codes zugesch…, äh, beschmissen, was das Zeug hält. Auch die spanische Regierung hat so ein Cödchen parat, für die Einreise. Man muss erst bei der Fluggesellschaft online einchecken, eine Sitznummer bekommen, sich dann auf der spanischen Gesundheitswebsite datentechnisch verewigen, seinen Impfpass-QR-Code hochladen (der Code für den Code …) und dann bekam man − wenn die Daten übereinstimmten − den Einreise-QR-Code. Tricky wird es nur, wenn man zwei Vornamen im Pass hat, aber nur einer im Impfcode gespeichert wurde. Naja, geht man einfach ein paar Schritte zurück und löscht den zweiten Vornamen, dann klappt es auch. Glücklicherweise wurde der Rest der Daten gespeichert und musste nicht noch einmal eingegeben werden. Lustig nur, dass bei der Abkürzung von „Straße“, also „Str.“, nicht der Punkt eingegeben werden konnte. Nein, nein, keine Sonderzeichen!

Zugiges

Nun kann es losgehen! Die Sehnsucht ist groß! Die Vorfreude ebenfalls! Morgen geht es zum Flughafen. Stoooooop! Tief einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Denn: Ein gewisser Herr Weselsky nimmt einen Teil von Deutschland in indirekte Beugehaft und trübt die vormals ungetrübte Urlaubsfreude, da sich der Urlaub durch die Anreise per Bahn nun zu einem Abenteuerurlaub entwickeln drohte. Grummel. Auch wenn ich große Sympathien für die Belange und gerechte Bezahlung von „Ottonormalangestellten“ hege, halte ich die Strategien der GDL für ein wenig übertrieben. Ich finde, dass sich die obersten Beteiligten durch ihre große Verantwortung für die Reisenden, die häufig wenig andere kostengünstige Möglichkeiten haben, z. B. zum Flughafen zu kommen, sich an den Verhandlungstisch setzen und so lange verhandeln sollten, „bis sie bluten“. Sonst sollen sie solch eine Verantwortung nicht übernehmen. Punkt.

Nun ja, wird der Wecker halt eine Stunde früher gestellt und auf die Kollegen vom RRX gesetzt, der von National Express betrieben wird. Und die Hoffnung gehegt, dass es keine Sitzstreiks auf den Schienen oder so was Hübsches gibt. Am Ende läuft aber alles glatt, der Zug ist mehr als pünktlich und der auf schönstem Englisch am Telefon parlierende Reisende auf dem Vierersitz neben mir sorgt für meine ersten Urlaubsgefühle.

Seitenleitwerk Flugzeug Eurowings
Gut, dass das Seitenruder nicht mit der Website von Eurowings verbunden war …

Flugiges

„Sicherheitshinweis: Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt!“ Hach, wie ich diese Ansage am Köln-Bonner Flughafen vermisst habe. Der auditive Geruch von Urlaub hängt in der Luft. Am Check-in der Eurowings bekomme ich dann aber leider ein paar Schuldgefühle vermittelt. Ich werde nämlich etwas komisch angeguckt und mit einem entsprechenden Kommentar versehen, weil ich noch keine Bordkarte habe, ich also den Check-in-Prozess im Internet nicht adäquat durchgeführt hätte. Nun ja, bei einer optimal funktionierenden Website und ausreichenden Server-Kapazitäten (man musste sich mindestens dreimal einloggen, bis man „drin“ war, und die Ladezeiten lagen bei mindestens 60 Sekunden pro Check-in-Schritt) und ohne zusätzliche Erfordernisse wie dem spanischen QR-Code wäre das alles auch kein Problem gewesen. Zudem hörte ich später auch von einer Freundin, die ein paar Tage später ebenfalls mit Eurowings nach Mallorca geflogen ist, dass auch sie Probleme mit dem Online-Check-in hatte (und dass selbst die Mitarbeiter an der Hotline keine Ahnung von den Tarifen und Gepäckgebühren hätten). Aber egal, jetzt hatte ich den manuell ausgestellten Boarding-Pass in der Hand und bewegte mich in Richtung Security-Check.

Dort angekommen wurde die Intelligenz der Reisenden auf die Probe gestellt: Nur ein Boarding-Pass-Scanner samt Drehkreuz war aktiv. Hinter mir beschwerten sich die Fluganwärter: „Natürlich, so viele Leute und die haben nur einen Eingang offen, die Idioten.“ Ein Blick hinter die Scheibe in den Security-Bereich offenbarte jedoch Schlangen vor den Gürtel-bitte-ausziehen-und-Flüssigkeiten-bitte-in-einen-separaten-Beutel-packen-Countern. Ich würde mal stark behaupten, dass sich das „kontrollierter Zugang“ nennt. Insbesondere zu Covid-19-Zeiten, in denen man große Menschenmassen vermeiden möchte und sie deshalb auseinanderzieht. Aber abgesehen davon wäre es in den Schlangen hinter den Drehkreuzen dann auch bestimmt viel, viel schneller gegangen, wären zwei Drehkreuze offen gewesen …

Direkt nach dem Sec-Bereich eröffnet sich, wie wir alle wissen, eine wunderbare Welt: ein Universum der Düfte, des Spirituellen und der tabakhaltigen Aerosole. Wir gelangen quasi nahtlos von der Sicherheitsschleuse in die Duty-not-so-free-Shopping-Welt. Und ich frage mich immer wieder: Wer in − hier bitte gewünschtes persönliches übernatürliches Allmachtswesen einfügen − Namen kauft dort die überirdisch überteuerten Schokoladen, Spirituosen und anderen Dinge ein, die es in jedem Supermarkt um die Ecke billiger gibt? Ist es Nostalgie? Ist es der Hauch der vormals glamourösen Hochzeit (langes „o“!) des Reisens? Oder die Illusion, man würde hier tatsächlich steuerfrei einkaufen? Selbst bei Nicht-EU-Flügen sind meiner Erfahrung nach die Produkte − zumindest in den deutschen Duty-Free-Shops − in der Regel nicht billiger, als es steuertrunkene Artikel wären. Gut, als Last-Minute-Mitbringsel von Touristen oder wenn der Koffer bereits die zulässige Höchstzahl an Kilogrämmern erreicht hat, dann würde ich es verstehen, aber sonst? Und auch dieses Mal gehe ich mit fragendem Blick durch das Duty-Free-Elysium und schaue mir etwas verwundert die Reisenden an den Kassen an.

Bevor es aber in die Lüfte geht, kommen wir doch noch einmal zurück zu dem, was wir in der Regel weder in der Tierwelt noch als Homo sapiens et oeconomicus und in dessen Welt mögen: Schlangen. Und hier natürlich: Warteschlangen und Co. Gibt es eigentlich eine Theorie, die erklärt, warum alle Flugpassagiere − die ja alle schon einen zugewiesenen Sitzplatz haben und mittlerweile fast keine Handgepäck-Trolleys mehr mit ins Flugzeug nehmen dürfen − zum Gate-Durchgang rennen, sobald angekündigt wird, dass geboardet wird? Seit ich fliegen kann, ist das ein Phänomen, das ich schlichtweg nicht verstehe. Okay, früher war es gegebenenfalls der Kampf um die besten „Overhead Locker“-Plätze bzw. um überhaupt den Platz in den Gepäckfächern über den Sauerstoffmasken. Aber mittlerweile? Bei beiden nun getätigten Flügen hätte ich gut und gerne noch zwei „cabin-sized“ Handgepäcke dort verstauen können. Beim Rückflug hatte ich sogar Angst, dass meine im Duty-Free-, ähm, Flughafen-Shop gekaufte Literflasche Puerto-de-Indias-Gin im Gepäckfach durch die rasante Flugzeugbeschleunigung beim Start in 747 Stücke zerschellt, so viel Platz war dort. Hätte die Flasche eine Stimme gehabt, wäre das Echo im Gepäckfach enorm gewesen. Grand Canyon hoch vier. Mindestens. Aber zurück zu den Sich-Schlängelnden. Warum tun die sich das an? Ich verstehe ja, dass auf Flügen Thrombosegefahr herrscht, aber so ein Best-Ager-Age haben viele dann ja doch nicht, als dass da großartig Gefahr bestände, insbesondere bei relativ kurzen Strecken. Auch gibt es im Flugzeug keine Zeitungen mehr, bei denen die Gefahr bestände, dass einige Titel durch deren hohe Beliebtheit dann nicht mehr vorhanden wären und dies somit in ein informationstechnisches Defizit münden könnte. Vielleicht ist es ein physikalisches Phänomen, wie dieser Schlauch im Benzintank eines Autos, an dem man einmal zieht und dann nicht nur ein Tropfen oder ein einziger Schwall herauskommt, sondern ein steter und kontinuierlicher Fluss an Benzin? Oder etwa Kapillareffekte, wie Wasser, das beharrlich von den Wurzeln bis in die Spitzen eines Baumes gezogen wird? Oder wenn man eine Wasseransammlung neben dem Spülbecken hat und mit einem Finger ein bisschen Wasser daraus Richtung Spüle zieht, sodass es den Rand hinunterläuft und dann automatisch den Rest des Wassers nachzieht? Wie gesagt, ich weiß es nicht, ich war allerdings in Physik auch nur in Elektrizitätslehre gut …

Wie geht es weiter? Funktioniert die Physik des Flugzeuges? Bekomme ich am Flughafen von Palma endlich mal eine Blumenkette als Willkommensgruß um den Hals gehängt? Oder, was wahrscheinlicher wäre, einen mit billigem Fusel gefüllten Sangría-Eimer? Das wird vielleicht im zweiten Teil dieser Urlaubsreportage enthüllt.

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